Immer noch ein Schatzkästchen in petto: Dreikönigsschrein im Kölner Dom. Foto: Arminia, CC BY-SA 3.0.

Das Geld liegt auf der Bank: Corona und die Kirchenfinanzen

Die massive Einschränkung der Wirtschaft ab Mitte März hat auch Konsequenzen für die beiden großen Kirchen in Deutschland. Denn das Geld der Kirche hängt vom wirtschaftlichen Wohlergehen ab. Die Kirchensteuern, die größte Einnahmequelle der Kirchen, sind je nach Bundesland acht oder neun Prozent von der Einkommenssteuer. Sinken die Einkommenssteuereinnahmen wegen Kurzarbeit oder Auftragsverlusten, dann sinken auch die Einnahmen der Kirchen. Die Kirchen waren von Beginn der Lockdown-Maßnahmen an alarmiert, aber inzwischen zeigt sich: Sie kommen besser mit den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie klar als viele andere. Diese Woche hat das Erzbistum Köln seinen Finanzbericht für das Jahr 2019 vorgestellt:

„Wir haben im vergangenen Jahr ein sehr gutes und solides Jahresergebnis erzielt“,

erklärte der Kölner Finanzdirektor Gordon Sobbeck. Das heißt, die Bilanz des Erzbistums ist um 111 Millionen Euro gewachsen auf gut 3,9 Milliarden Euro. 31 Millionen Euro hat das Erzbistum als Jahresgewinn ausgewiesen. Ein gutes Polster für das Krisenjahr 2020.

„Niemand kann genau sagen, wie sich die Corona-Pandemie weiterentwickeln wird, wir werden auch laufend, von Woche zu Woche schlauer in dem Bereich.“

Anfang des Monats veröffentlichte die Wochenzeitung DIE ZEIT ein Gespräch mit Sobbeck, in dem er die Kirchensteuereinnahmen noch bis zu zehn Prozent einbrechen sah. Inzwischen korrigiert er nach unten:

„Nach den aktuellen Zahlen auch des Monats August gehen wir davon aus, dass wir mit der Prognose Mitte des Jahres mit den 6,8 Prozent gut liegen und auch ein realistisches Bild zeichnen.“

Und in der Prognose von minus 6,8 Prozent bei den Kirchensteuern sei noch ein Risikopuffer eingerechnet. Aufs Jahr hochgerechnet sei das ein Minus von 47 Millionen Euro für das Erzbistum Köln, aber diese Summe schlage nicht voll auf das zu erwartende Jahresergebnis durch, so Sobbeck. Die Kirche hat ja auch andere Einnahmen als Kirchensteuern. So erwartet Sobbeck nur ein Minus von ca. 30 Millionen im laufenden Jahr. Die Corona-Verluste würden also lediglich den Vorjahresgewinn wieder aufzehren. Außerdem sind die Rücklagen gut gefüllt. Auch die anderen katholischen Bistümer in NRW wollen die Mindereinnahmen in diesem Jahr aus Rücklagen decken, so dass die Gemeinden finanziell erst einmal nichts von der Krise spüren.
Das ist anders bei den Protestanten in der Evangelische Kirche im Rheinland. Da das Recht auf Erhebung von Kirchensteuern im Rheinland den Gemeinden und nicht der Landeskirche zusteht, schützt die Gemeinden keine finanzstarke Zentrale:

„Überwiesen wird den Gemeinden das tatsächliche Steueraufkommen“,

erklärt der in der Evangelischen Kirche im Rheinland für Finanzen zuständige Oberkirchenrat Bernd Baucks: Das heißt: Die Gemeinden bekommen derzeit weniger Geld und müssen ebenfalls Rücklagen angreifen oder im laufenden Jahr sparen. Manches ergebe sich von allein:

„Wo tatsächlich Aktivitäten gar nicht umsetzbar sind aufgrund der Corona-Einschränkungen; das heißt, da ergeben sich ungewollte Einsparungen, weil das auch bedeutet das Veranstaltungen ausfallen, die man eigentlich gerne gemacht hätte.“

Das Minus an Kirchensteuern werde aber voraussichtlich nicht so schlimm werden wie noch vor wenigen Monaten befürchtet, so Baucks:

„Jetzt gehen wir auf EKD-Ebene eher davon aus, dass es bei acht oder neun Prozent liegen könnte.“

Die Evangelische Kirche von Westfalen hat die Kirchensteuereinnahmen für den laufenden Haushalt so pessimistisch eingeschätzt, dass sie den Plan aufgrund der Corona-Verluste nicht nach unten korrigieren muss: Die Krise ist schon mit eingepreist. „Zweckpessimismus“ nennt man das bei den westfälischen Protestanten. Bei den Kirchen wird traditionell sehr sicherheitsorientiert gewirtschaftet; das soll auch in Zukunft so bleiben:
Gordon Sobbeck vom Erzbistum Köln verweist auf die langfristige Prognose, die ein Team um den Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen letztes Jahr gestellt hat:

„Die Studie des Zentrums Generationenverträge geht ja davon aus, dass in einem Zeitraum von 40 Jahren sich die Ressourcen etwa halbieren werden. Und das ist auch nach wie vor unser Basis-Szenario für eine sehr langfristige Entwicklung.“

Aufgrund des Mitgliederschwundes würden die Kirchensteuererträge gleich bleiben, dann könne sich die Kirche im Jahr 2060 wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten nur noch halb soviel leisten wie heute. Diese Prognose sieht Tobias Hentze von Institut der deutschen Wirtschaft jedoch skeptisch. Eine günstige Wirtschaftsentwicklung habe in den letzten Jahren den Mitgliederschwund oft mehr als ausgeglichen:

„Mit Blick auf die Einkommenssteuer gehe ich in jedem Fall davon aus, dass wir in den kommenden Jahren nominal steigende Steuereinnahmen sehen werden, vor allem, wenn die Krise vorbei ist. Was die Kirchensteuer betrifft, hängt dies von zwei Komponenten ab. Zum einen werden die Kirchensteuereinnahmen pro Kirchensteuerzahler auch steigen nominal und wahrscheinlich auch real. Gleichzeitig ist aber auch die Frage, wieviel Menschen noch Kirchensteuer zahlen.“

Langfristig könnten sich anhaltend hohe Austrittszahlen aber sehr wohl auf die Kirchensteuereinnahmen auswirken.

„Und genau hier muss Kirche ansetzen und verhindern, dass viele Menschen aus der Kirche austreten, wenn sie die finanzielle Basis sichern will.“

leicht gekürzt in: WDR 5 / Diesseits von Eden am 27.09.2020